WIR TROTZEN DER HITZE
Antworten auf den Klimawandel

Wovon träumen Sie? Von Bilderbuchwetter ohne einen Tropfen Regen und unaufhörlich scheinender Sonne vor einem azurblauen Himmel? Und das möglichst den ganzen Sommer lang? Für diesen Traum zogen Sonnenhungrige jahrzehntelang in Richtung Süden. Doch nun ist der Süden bei uns angekommen. Des einen Freud‘, des andern Leid. Manche Mitmenschen leiden unter den immer extremeren Wetterkapriolen. Und wie sie, sind auch viele Pflanzen in Natur und Garten so gar nicht auf wochenlange Hitze und Trockenheit eingerichtet.

Doch es gibt schon immer die Robusten, die Genügsamen. Wenn Sie gerade den Garten umkrempeln, den Balkon neu formieren – dann ist der richtige Zeitpunkt, nach diesen Künstlern Ausschau zu halten. Sie werden überrascht sein – die Gartenfachmärkte halten viele Optionen bereit.

Manche der Asketen leiten sich von altbekannten heimischen, bislang eher wenig beachteten Pflanzen ab, andere sind aus Ländern mit traditionell wärmerem Klima zu uns gekommen. Greifen Sie zu Pflanzen mit bescheidenen Ansprüchen, tun Sie damit auch der Umwelt Gutes: Sie schonen die Wasserressourcen. Vielleicht drohen in Ihrer Region Gießverbote wegen drohenden Wassermangels. Dann ist es schon eine Notwendigkeit, auf nicht allzu durstige Pflanzen zu setzen.

Einige Features helfen, Pflanzen zu erkennen, die klimaresilienter sind,

das heißt, die bei Hitze und Trockenheit nicht gleich schlappmachen.

Manche Pflanzen tricksen die Natur mit einer dicken Kutikula aus. Eine Kutikula ist eine Wachsschicht, welche die äußerste Schicht der Blätter von Pflanzen bildet. Ist sie kräftig, verdunstet die Pflanze nicht so viel Wasser. Denken Sie an die Nadeln von Rosmarin oder an die Blätter von Oleander und Oliven. Eine andere Masche der Natur sind dicke, fleischige Blätter und andere Pflanzenorgane, die viel Wasser speichern können. Fetthennen sind Meister darin, aber auch Kakteen. Manche Kakteen sind bei uns sogar winterhart – vielleicht eine originelle Alternative für ganz trockene Ecken?

Pflanzen mit Pfahlwurzeln können tief in den Boden eindringen, wo sie die letzten Wassertropfen finden und speichern. Nachtkerzen oder Wermut sind darin wahre Künstler. Filzig behaarte, weiße Blätter weisen ebenfalls auf eine gewisse Abgeklärtheit hin. Die helle Farbe reflektiert Sonnenlicht, dicht stehende Haare reduzieren die Verdunstung. Ein flauschiges Beispiel ist der Wollziest. Anfassen erlaubt! Der weiße Filz scheint wahrhaftig nach Streicheleinheiten zu rufen. 

Bei Bäumen sind kleine – und meist harte – Blätter Anhaltspunkte für geringe Verdunstung und große Ausdauer. Der heimische Sanddorn ist ein Beispiel. 

GS491774_Eryngium x zabelii ‚Big Blue‘
GS494466_Catalpa bignonioides ‚Aurea‘
GS491548_Artemisia absinthium

EINE AUSWAHL AN UNERSCHROCKENEN

Mehrjährige Pflanzen – Stauden – blühen in jedem Jahr erneut. Darunter gibt es eine gute Auswahl an Unerschrockenen. 

FANGEN WIR BEI A AN WIE ARTEMISIA: Die Sorte ‚Valerie Finnis‘ trägt silbrige Blätter und passt gut in trockenresiliente Pflanzungen. Es gibt rund 500 Arten der großen Pflanzenfamilie Artemisia mit bekannten Vertretern wie Wermut, Estragon, Beifuß oder Edelraute. Was ist ihnen gemeinsam? Sie alle brauchen wenig Wasser und sind meist hart im Nehmen, wenn es um Trockenheit geht. Oft haben die Pflanzen filigrane, eingeschnittene Blätter und sehen elegant aus. Aromatischen Duft gibt’s als Zugabe.

ODER A WIE ACHILLEA, ZU DEUTSCH: SCHAFGARBE. In Cremeweiß wächst die Ursprungsform an jedem Straßenrand. Dank der Pflanzenzüchter sind in Größe und Blütenfarbe deutlich auffälligere Sorten am Markt. Sie sind so robust und pflegeleicht, dass sie jeden gärtnerischen Fauxpas verzeihen. Nur nassen Boden mögen die Schafgarben gar nicht. Die Blütenstände in vielen Rottönen bis zu Gelb schmücken jede Blumenvase. Der Schafgarbe werden zudem viele Heilwirkungen nachgesagt, von verdauungsfördernd über blutstillend bis entzündungshemmend.

ERYNGIUM WIRD OFT AUCH ALS EDELDISTEL ODER MANNSTREU bezeichnet. Obwohl die Blütenstände an Distelblüten erinnern, gehört die Staude zur Familie der Doldenblütler. Typisch ist die Blütenfarbe Blau in vielen Variationen. Exotischer sind silberweiße Varianten wie die Elfenbeindistel (Eryngium giganteum), die ursprünglich auf kargen Böden im Kaukasus zuhause ist. Weniger gigantisch ist der Kleine Mannstreu (Eryngium planum), die Staude des Jahres 2019. Wie für die meisten Eryngien gilt für ihn: Je trockener der Boden, desto intensiver gefärbt sind die Blüten. Der Schlüssel für die Anspruchslosigkeit der Pflanzen liegt in ihrer fleischigen Pfahlwurzel. Im Sommer lockt der Nektar der Edeldisteln, ebenso wie der von echten Disteln, ganze Scharen von Hummeln und viele andere Arten von Insekten an. Im Winter werten die bizarren Blütenstände den in dieser Jahreszeit tristen Garten auf und animieren kleine Wintervögel, die Samen aus den Blütenkörben zu picken.

MIT INTENSIV BLAUER BIS VIOLETTER BLÜTENFARBE BRINGT DER ZIERSALBEI, auch Steppen-Salbei oder Hain-Salbei genannt, botanisch Salvia nemorosa, den Garten zum Leuchten. Unzählige Blüten stehen dicht an dicht in langen Ähren, von den ersten Tagen im Juni bis in den September hinein. Salbei ist wenig durstig, aber sonnenhungrig. Die Pflanzenart eignet sich ausgesprochen gut für trockene Bereiche im Garten.

NICHT FEHLEN DARF DER LAVENDEL (Lavandula angustifolia) als Klassiker für trockene Bereiche. Mit seiner lila Blütenpracht und seinem unvergleichlichen Duft lässt er den Zauber der Provence durch den Garten ziehen. 

Das ist nur eine kleine Auswahl. Auch Zierlauch-Arten mit ihren dicken Blütenköpfen zählen zu trockenverträglichen Pflanzen oder das Patagonische Eisenkraut (Verbena bonariensis) oder die Katzenminze und die herbstblühende Blauraute (Perovskia atriplicifolia), auch unter der Bezeichnung Silberstrauch oder Perowskia bekannt. Oder, oder, oder. Fragen Sie in Ihrem Gartencenter, dort gibt es eine noch größere Auswahl.

Die meisten trockenheitsresistenten Pflanzen können auch in großen Gefäßen Ihre Terrasse schmücken. Dann brauchen sie in der Regel wegen des begrenzten Wurzelraums doch etwas Wasser. Ein zusätzlicher Pluspunkt der meisten Trockenkünstler ist ihr positiver Einfluss auf die Fauna. Viele Insekten umschwirren sie während der Blüte. Vögel naschen von den trockenen Samen im Winter und Insekten überwintern in den Stängeln. 

Nicht zu vergessen. Viele mediterrane Küchenkräuter sind ebenfalls Trockenkünstler: der Thymian wie der Rosmarin, Salbei, Oregano, Ysop und Bohnenkraut. In der Regel sind die Ansprüche an den Boden gering. Mittlerweile gibt es von allen Arten zahlreiche Sorten, die Farbpalette hat sich enorm erweitert, auch Düfte und Blattformen sind nahezu unermesslich. Damit können die Kräuter auch mit jeder ausgewiesenen Zierstaude mithalten und die Staudenbeete bereichern. Mit ihren nektarreichen Blüten locken sie viele nützliche Insekten in den Garten, oft zu Zeiten, wo andernorts die Insektennahrung rar ist. 

Ein Garten ohne einen Baum? Das geht gar nicht. Bäume spenden Sauerstoff und Schatten – gerade bei Hitze und Trockenheit kann man das nicht hoch genug schätzen. Manchmal gibt es Vorbehalte, ob Pflanzen aus fernen Regionen negative Effekte auf die heimische Tierwelt haben und ob man sie deshalb pflanzen dürfe. Untersuchungen haben gezeigt, dass auch Bäume aus anderen Gegenden der Welt ein reges Tierleben haben. Kohlendioxid binden auch sie und sie beschatten den Boden. Zudem kommen einige von ihnen mit wenig Wasser aus. Das spricht eindeutig für sie.

So kommt der Amerikanische Zürgelbaum (botanisch: Celtis occidentalis) gut mit Extremen klar. Hohe Sonneneinstrahlung und Trockenheit, aber auch tiefer Frost können ihm nichts anhaben. Im Herbst trägt er zudem ein Kleid in leuchtendem Orange, Gelb und Rot. Er hat eine offene Krone, die einen lichten Schatten wirft.

Freude bereitet auch der Lampionbaum, auch Blasenbaum genannt (Koelreuteria paniculata) – ebenfalls Mitglied in der Kategorie der Superrobusten. Er ist nicht ganz so frosthart, blüht im Sommer und lockt viele Insekten an.

Ebenso trotzt der Trompetenbaum (Catalpa bignonioides) sommerlicher Trockenheit. Er ist optisch attraktiv und nährt viele Insekten. In verschiedenen Sorten brilliert er entweder mit rotem Blatt, mit leuchtend gelbem Laub oder mit langen, gelben Blütenständen anstelle der üblicherweise weißen. Ganz im Gegenteil zur pauschalen Aussage, dass viele Klimabäume kleines Laub haben, hat er sehr große Blätter.

In puncto Robustheit ebenfalls mit dabei: Der alte Bekannte, der Essigbaum (Rhus typhina), mit seiner attraktiven Herbstfärbung. Die neue Sorte ‘Tiger Eyes‘ kommt ganz ohne die gefürchteten Ausläufer aus. 

Als gute Klimabäume haben sich laut der Studie einer süddeutschen Versuchsanstalt eine Reihe weiterer Arten bewährt: der Eisenholzbaum (Parrotia persica), die Blumen-Esche oder Manna-Esche (Fraxinus ornus), der Amberbaum (Liquidambar styracifl ua), der Dreilappige Ahorn (Acer monspessulanum), die Purpur-Erle (Alnus x spaethii), die Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia), die Schmalkronige Ulme (Ulmus ‘Lobel’), der australische Zürgelbaum (Celtis australis) und der Lederhülsenbaum (Gleditsia triacanthos) ‘Skyline’.

Einige Bäume blühen spektakulär, die meisten begeistern mit einer tollen Herbstfarbe. 

Mich beeindrucken jedes Jahr wieder meine Gojibeeren. Sie zählen eher zu den Sträuchern als zu den Bäumen. Einen Schönheitspreis gewinnen sie nicht gerade, aber das ungebremste Wachstum und Unmengen von Beeren an schlechtestem, sehr trockenem Standort nötigen großen Respekt ab.

Wer im Gemüsegarten nach trockenheitstoleranten Alternativen sucht, wird nicht so schnell fündig. Tomaten, Auberginen, Süßkartoffeln, Artischocken, Kürbis, Zwiebeln, Buschbohnen, Mais und Paprika – alle diese Gemüsearten trotzen zwar der Hitze, aber nur der Mais und die Zwiebeln geben sich mit etwas weniger Wasser zufrieden. Ein bisschen eindämmen kann man den hohen Wasserverbrauch durch gut vorbereiteten und mit Mulch abgedeckten Boden. Der speichert mehr Wasser und verdunstet weniger. Unbeeindruckt von Trockenphasen wächst in meinem Garten eine Variante der Wilden Rauke (Rucola). Sie übersteht den Winter mit ihren dicken Wurzeln ebenso wie trockene Zeiten. Und essbar ist sie auch.

Wir leben in Zeiten der ständigen Veränderung. Die Natur zeigt es uns am deutlichsten. Wir müssen uns anpassen an den Klimawandel. Es gibt schon eine ganze Reihe von Pflanzen, die manche alte Lieblingspflanze ersetzen können. Die Pflanzenzüchter halten die Augen offen. Fragen Sie beim Gartenfachhändler. Bei ihm wird es Neuheiten zuerst geben.

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