NATURGARTEN -
RÜCKKEHR DER NATUR
Insektenhotels und Nist- und Futterhäuschen für Vögel – an diesem Angebot kommt heute niemand vorbei, der sich mit dem Garten beschäftigt. Vieles sieht witzig und originell aus. Manches taugt, manches fällt nach ein paar Monaten auseinander – ich spreche aus eigener Erfahrung. Genaues Hinschauen lohnt sich. Die Qualität sollte stimmen. Die Konstruktionen versprechen, mehr Natur und mehr Tiere in den Garten zu holen, ja darüber hinaus den Tieren ein bisschen Lebensraum anzubieten, den wir ihnen in den letzten Jahrzehnten an anderer Stelle weggenommen haben.
Nisthäuschen sind ein kleiner Schritt auf dem Weg, verlorene Natur zurückzuholen. Wer es ernst meint, sollte größer denken und sich mit einem Naturgarten beschäftigen. Mancher hat gleich die Assoziation an verwilderte Gartenstücke voller Brennnesseln, Kratzdisteln oder Kanadischer Goldruten, wie man sie immer wieder sieht. Aber nein, keine Angst, das ist nicht das Ziel eines Naturgartens. Der Verein Naturgarten e.V. formuliert es so: „Der Naturgarten ist ein Garten mit einem ästhetischen Anspruch, der von den Menschen auch genutzt wird.“ Aber: Wer ihn anlegt, muss sich zuvor etwas mit ökologischen Zusammenhängen beschäftigen. Mehrere Prinzipien liegen zugrunde. Die beiden wichtigsten sind: Einheimische Pflanzen haben Vorfahrt. Warum? Weil diese Pflanzen sich am leichtesten zurechtfinden und, eigentlich logisch, zahlreichen einheimischen Tierarten Nahrung und Lebensraum bieten.
Was einmal gepflanzt wurde, ist nicht für die Ewigkeit gemacht. Dynamik ist gefragt. Es gibt keine starren Beete, sondern Lebensräume, die sich verändern. Zu den wichtigen Säulen des typischen Naturgartens gehören Bäume. Sie können als einzeln stehende Solitärbäume eingeplant werden. Es gibt klein bleibende Bäume, die etwa zehn bis 15 Meter hoch wachsen, und größere Sträucher, die zwischen fünf und zehn Meter in der Höhe erreichen können und auch Hecken eingeplant werden können.
Die meisten Wildgehölze für den Naturgarten sind Multitalente. Sie erfreuen schon früh im Jahr durch ihren Blütenschmuck. Dann brummt, summt und flattert es, denn die Insekten kommen herbei und damit auch die Insektenfresser unter den Vögeln. Im Herbst leuchten die Gehölze erneut. Durch ihren Beerenschmuck. Wiederum ziehen sie die Vögel magisch an. Auch der Mensch darf naschen und profitieren. Beispielsweise von Holunderblüten im Pfannkuchen oder als Tee und im Herbst vom Holundersaft.
Damit geht es gleich zu einer kleinen Auswahl an Sträuchern, die man sich besonders merken sollte. Der schon mit seinen Vorzügen genannte Schwarze Holunder ist ein typischer heimischer, vielseitiger Busch, der für den Naturgarten prädestiniert ist. Dann die Vogelbeere. Der Name ist Programm – laut Vogelexperten ernähren sich über 60 Vogelarten von ihr. Die Vogelbeere, botanisch Sorbus aucuparia, auch als Eberesche bekannt, wächst sechs bis zwölf Meter hoch und die Krone nur rund vier bis sechs Meter breit. Die weißen Blüten werden von vielen Bienen, Fliegen und Käfern besucht – eine Essenseinladung für viele Vögel. Im Herbst locken die orangeroten Früchte im Herbst erneut.
Ganz weit vorne in der Beliebtheitsskala der Vögel steht auch der Eingriffelige Weißdorn (Crataegus monogyna). Unterschiedliche Arten von Piepmätzen haben ihn zum Fressen gern. Der anspruchslose Strauch entwickelt sich bis zu einer Höhe von zwei bis sechs Metern und wird im Alter recht breit. Das sollte man vorher einplanen. Auf Insektenfresser wartet schon im Frühjahr ein Festbuffet. Die Früchte haften
lange bis in den Winter hinein. Vögeln, die in Hecken brüten, darunter Amseln, Grünfinken und Mönchsgrasmücken, finden dort einen sicheren Nistplatz. Denn mit seinem dichten Geäst und seinen Dornen bietet der Weißdorn ihren Nestern einen festen Halt und Schutz vor Angreifern aus der Luft und vom Boden.
Damit ist das Repertoire noch lange nicht erschöpft. Auf der Kandidatenliste der heimischen Gehölze stehen ganz oben auch Faulbaum, Kreuzdorn, Wildapfel oder größere Weiden. Daneben noch Mehlbeere, Elsbeere, Speierling, Kornelkirsche, Traubenkirsche, Steinweichsel, Echte Mispel und viele mehr. An der Auswahl sollte es nicht scheitern.
Aus Sicht des Naturgärtners bleiben die Blätter im Herbst auf dem Boden liegen. Im Laub verstecken sich viele Insekten – ein Leckerbissen für Amseln oder Rotkehlchen. Auf den Boden gefallene Früchte oder hängengebliebene Früchte sind zudem wichtige Nahrung für die ersten fliegenden Insekten im Frühjahr. In puncto Vielfalt lässt sich noch eins draufsetzen, indem der naturfreundliche Gärtner unter freistehenden Gehölzen oder Wildstrauchhecken Schattenbeete anlegt. Frühjahrsblüher wie Lerchensporn, Buschwindröschen und Wald-Schlüsselblume blühen vor dem Blattaustrieb. Mit dem Laubaustrieb erscheinen Farne und Blattstauden wie Geissbart oder Salomonssiegel. Schließlich halten wintergrüne Arten – Wald-Hainsimse, Schildfarn, Hirschzunge oder Nieswurz – das Schattenbeet auch in der kalten Jahreszeit attraktiv.
Wo kauft der Naturgartenneuling seine Pflanzen? Empfohlen werden ursprüngliche heimische Arten, keine gezüchteten Sorten, möglichst biologisch angezogen, ohne Pflanzenschutzmittel, ohne künstlichen Dünger, ohne Torfsubstrat. Manche Baumschulen und Gärtnereien haben sich darauf spezialisiert, gebietstypische Pflanzen anzuziehen. Schauen Sie mal in regionalen Baumschulen oder im regional agierenden Gartencenter. Die ideale Pflanzzeit ist nach wie vor im Herbst, denn so kann die Pflanze über den Winter einwurzeln. Wasser gibt es zu dieser Zeit meist genug. Pflanzen im Container können auch in anderen Jahreszeiten gepflanzt werden, mit einem etwas höheren Anwachsrisiko. Das Pflanzloch sollte ausreichend groß sein. Eine Empfehlung lautet: Den Boden 50 Zentimeter breit und zwei Spatenlängen tief umgraben und ausheben, von allen Kräutern befreien und mit Humus anreichern.
Und dann zurück zu den Vogelhäusern. Wer einen einheimischen Baum – oder gar mehrere – und die entsprechende Unterflur in seinen Garten gepackt hat ,hat viel Platz für Vogelhäuser. Im Frühjahr bieten sie den Vögeln einen sicheren Ort zum Brüten und für die Aufzucht des Nachwuchses und im Winter dem einen oder anderen einen Schlafplatz.